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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 16.1905

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Rapsilber, Maximilian: A. S. Ball - Berlin: Ausstellung moderner Zimmereinrichtungen, unter Leitung von Professor A. Grenander
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https://doi.org/10.11588/diglit.8553#0016

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M. Rapsilber: Kunstgewerbe-Ausstellung bei A. S. Ball—Berlin.

tisches, des Sofas, der Uhr, des Münz-
schränkchens, der Sessel zeigen neben dem
Strengen und Zweckentsprechenden, neben
dem für den Gebrauch Abgerundeten und
Handlichen jenen künstlerisch weichen Glanz
der Ornamentik, der ohne Zweifel ein Höhen-
ziel der modernen Bewegung ist. Man darf
auf die weitere Entwicklung Grenanders ge-
spannt sein. Wohin sich die Möglichkeiten
und Steigerungen verlaufen könnten, ist fürs
Erste noch dunkel. Nun aber ist es lehr-
reich, neben dem Meister auch die Schüler
an der Arbeit zu sehen. Grenander hat
nämlich auch die Leistungen seiner Archi-
tekturklasse des Kgl. Kunstgewerbe-Museums
in einer grösseren Halle vorgeführt. Be-
teiligt sind an der Ausstattung die Herren
Brandt, Fehse, Philipp, Schmidt und
Schneckenberg, in der Art, dass sie gemein-
sam die Architektur gemimt und dann jeder
für sich eine Wand oder Ecke mit Möbeln
und Dekorationen bevölkert haben. Man
merkt dem Salon hie und da noch eine
kleine Befangenheit und tektonische Pedan-
terie an, aber in der Hauptsache darf man
diesen Schülerarbeiten ein hohes Lob zollen.
Sie haben eine echt künstlerische Haltung
und sind vollendet praktikabel, natürlich
bewegen sie sich auch in der Grenanderschen
Formenwelt. Dieser Saal interessiert auch
prinzipiell, da er schlagend das Gerede
widerlegt, an der Schule des Kunstgewerbe-
Museums kämen die Studierenden nicht über
eine gewisse Papierweisheit hinaus. Hier
aber zeigt sich, dass auch die praktische
Ausbildung für Leben und Beruf einfach
perfekt ist. Im besonderen hat dann noch
der Grenander-Schüler Arthur Schmidt ein
Damen-Wohnzimmer von feiner und behag-
licher Art in amerikanischem Nussbaum-
und Rüsternholz mit Padukeinlagen aus-
gestellt.

Gehen wir nun wieder in der Reihe fort, so
werden wir auf das angenehmste berührt
durch das einfach vornehme und dabei gar
fein rhythmische Speisezimmer von Ch. R.
Mackintosh—Glasgow. Ausgeführt ist es in
graugrün gebeiztem Eichenholz. Wie Büffet,
Kredenz, Standuhr in die Paneellinien fest
eingebaut und vornehm abgewogen, wie die

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Raumwirkung die Mitte hält zwischen kühlem
Selbstbewusstsein und klarer Wohnlichkeit,
ist ja schon des öfteren an den Interieurs
von Makintosh gebührend hervorgehoben
worden. Die Deutschen allerdings gehen
wohl lieber ins Üppige, kunstvoll Prunkende.
Das sieht man an dem Bibliotheks-Zimmer
von Prof. H. Billing—Karlsruhe. Für ein
Studierzimmer ist der Raum mit den ameri-
kanischen Pappelholz- den sog. Withewood-
Schränken und Möbeln und mit den etwas
grellen und grotesken Stechpalmen-Einlagen
etwas zu unruhig und in den provozierenden
Farben und Formen ein wenig zu überladen,
aber für den Tischler wird es eine Freude ge-
wesen sein, die knifflich-köstliche Aufgabe
zu lösen. Ein kleiner anmutiger Damen-
salon von Erich Kleinhempel—Dresden in
hellem Mahagoni mit Birnbaumeinlagen ist
für kleinere bürgerliche Verhältnisse berech-
net und als solcher verdient er alle
Achtung. Allgemeine Anerkennung findet
sodann das nordisch helle, gediegene und
saubere Frühstücks - Zimmer von C. West-
mann—Stockholm, ausgeführt in gewachster
Eiche, in schweren Formen, mit schmiede-
eisernen Beschlägen, mit orangefarbenen Be-
zügen und einem ins Rote spielenden Teppich.
Man phantasiert sich unwillkürlich die klare
nordische Sonne und die hochgewachsenen
blonden Frauen hinzu und wird von diesem
Gedanken entzückt. Ein weiteres Meister-
stück der Interieurkunst ist das Wohnzimmer
von George Walton—London, das wohnlich,
vornehm und eigenartig berührt. Die Decke
ist sehr niedrig gezogen, die Hocker mit
den dunkelgrünen Lederkissen sind auch für
uns Deutsche recht niedrig und das dem
Boden sich anschmiegende Moment wird
durch die lange Bank an der Fensterwand
organisch fortgesponnen. Dabei hat Walton
ein enormes Architekturgefühl, das sich vor-
nehmlich kennzeichnet in der Bücherschrank-
Wand mit den Sprossen-Linien. Diese kehren
wieder in dem molligen grau-gelb-lila Teppich
und in der weissen Kassettendecke, die sich
in der Mitte zu einer Miniaturkuppel erhöht,
um den eigenartig schönen Beleuchtungs-
Körper aufzunehmen. Jedenfalls ist die
ruhige Sicherheit des Engländers bemerkens-
 
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